Die Rolle der Pflanzenforschung beim Green Deal
Die Europäische Kommission hat im Dezember 2019 mit dem "Green Deal" ein weitreichendes Programm für mehr Klima- und Umweltschutz in der EU vorgelegt. Die Klimaneutralität bis 2050 steht im Mittelpunkt des Aktionsplans, der von Senkungen der Treibhausgasemissionen über Investitionen in Spitzenforschung und Innovationen bis hin zur Erhaltung der natürlichen Umwelt in Europa reicht.
Was steckt hinter dem Green Deal und warum ist er notwendig? Welche Vorschläge liegen zur Umsetzung der Ziele vor? Welche Rolle spielen dabei Innovationen und Wissenschaft? Diese Fragen wurden in einer Online-Veranstaltung von CEPLAS mit dem Titel „Green Deal: Wie tragen neue Pflanzen zum Erreichen der Ziele bei?“ am 17. Juni diskutiert. In mehreren Impulsvorträgen von Vertreter*innen der Europäischen Kommission, der Wissenschaft und der Wirtschaft wurden die Maßnahmen des Green Deal und die möglichen Beiträge der Pflanzenforschung zum Erreichen der Ziele beleuchtet. In einer anschließenden Diskussionsrunde mit zusätzlichen Vertreter*innen aus Landwirtschaft und Gesellschaft wurde ein Dialog eröffnet, an dem sich auch zahlreiche Teilnehmer*innen aus dem Publikum beteiligten.
Dr. Olaf Heidelbach von der Europäischen Kommission stellte zunächst die Komponenten des Green Deal vor und konzentrierte sich dabei vor allem auf die „Vom Hof auf den Tisch-Strategie“. Er erläuterte die Ziele der Strategie, die eine Reduktion von Pestiziden aber auch des Einsatzes von Düngemitteln umfassen. Zudem sollen 25% der landwirtschaftlichen Flächen bis 2030 ökologisch bewirtschaftet werden. Olaf Heidelbach schrieb der Forschung eine wichtige Rolle beim Erreichen der Ziele zu, weshalb mit dem Programm „Horizont Europa“ ein weiteres Förderprogramm auf den Weg gebracht wurde.
Die Herausforderungen für die Pflanzenforschung, um die Ziele des Green Deal zu erreichen, erläuterte Professor Peter Westhoff von der Heinrich-Heine -Universität (HHU). Die Entwicklungen beim Ressourcenverbrauch der Agrarsysteme, bei den globalen Klimaveränderungen, aber auch bei der Weltbevölkerung machen Lösungsansätze zu einer „Quadratur des Kreises“, so Peter Westhoff. Er beschrieb die Aufgaben für die Pflanzenforschung als ein „Apollo-Projekt“, bei der es keinerlei Denk- und Nutzungsverbote hinsichtlich des Methodenrepertoirs geben dürfe.
Konkrete Beispiele aus der Pflanzenforschung für eine ressourcenschonende Landwirtschaft erläuterte Professorin Maria von Korff Schmising (HHU) in ihrem Impulsvortrag. Sie beschrieb die genetische Diversität als Ressource und berichtete von Untersuchungen, in denen ein Gen aus der Wildgerste die Fruchtbarkeit unter Hitzestress verbesserte. In einem weiteren Beispiel berichtete sie von mehrjährigen Getreidepflanzen, die gegenüber einjährigen Pflanzen durch eine verbesserte Nährstoff- und Wassernutzung Vorteile bei Trockenheit hatten. Da die Kreuzung von einjährigen und mehrjährigen Arten sehr langwierig und schwierig sei, schlug sie die Nutzung der Genomeditierung vor.
Eine Chance für sein Unternehmen sah Dr. Klaus Kunz von der Bayer AG durch den Green Deal, der das Thema „Nachhaltigkeit“ schon seit mehreren Jahren im Kern der Geschäftsstrategie verankert sah. So möchte Bayer den Landwirten in Zukunft helfen, klimafreundlich zu produzieren und er plädierte dafür, sie mit Zertifizierungsmechanismen dafür auch zu belohnen. Hinsichtlich der von der EU vorgeschlagenen pauschalen 50%igen Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln, riet er dazu, bevorzugt die Mittel auszusortieren, die eine höhere Umweltbelastung haben.
Einleitend in die Diskussion gaben Dr. Natalie Laibach und Hubertus Paetow kurze Statements ab. Darin erläuterte Natalie Laibach vom Ökoprogressiven Netzwerk, dass Ökoprogressivismus eigentlich eine gute Grundlage für den Green Deal sein sollte. Sie stellte allerdings in Frage, ob Ressourcenverbrauch tatsächlich vom Wirtschaftswachstum der EU entkoppelt werden könne.
Der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, Hubertus Paetow, forderte in seinem Statement eine Zusammenarbeit der gesamten Produktionskette bis zum Verbraucher, um die Ziele des Green Deal zu erreichen. Ein nachhaltiges Ernährungssystem sei ein gesamtgesellschaftliches Projekt und nicht nur das der Landwirtschaft.
Die Veranstaltung wurde professionell moderiert von Johannes Pennekamp, der Ressortleiter der Wirtschaftsberichterstattung bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist. In der lebhaften und konstruktiven Diskussion war das Publikum interessiert an Themen, wie den neuen Züchtungsmethoden oder einer möglichen Kreislaufwirtschaft für Phosphat. Alle Beteiligten waren sich einig, dass ein Dialog zwischen den verschiedenen Interessengruppen sehr wichtig ist, wozu die Veranstaltung in jedem Fall beigetragen hat.
Video zur Veranstaltung: https://www.youtube.com/channel/UCl8CaZnPRkFZSu9TyD6zYWg