Meine Lieblingspflanze und ich haben ein paar Gemeinsamkeiten. Ja, die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) ist kleiner, grün und lebt nur etwa acht Wochen, aber abgesehen davon teilen wir ein paar Dinge.
Genau wie ich durchläuft Arabidopsis während ihres Lebenszyklus mehrere Entwicklungsstadien (Abbildung 1). Sie beginnt als niedliche Babypflanze in einem Samen. Nach der Keimung bildet das Pflänzchen (sozusagen ein Pflanzen-Kleinkind) Blätter und entwickelt mehr photosynthetische Kapazitäten. Dann setzt die Pflanzenpubertät ein. Die Aktivität von etwa der Hälfte der Gene des Arabidopsis-Genoms ändert sich, und mit dem Beginn des Erwachsenenalters erwirbt die Pflanze die Fähigkeit zur Fortpflanzung. Wenn die Umweltbedingungen günstig sind, stellt Arabidopsis die Blattproduktion ein und beginnt zu blühen, um neue Babypflanzen (Samen) zu bilden. Einige Wochen später geht die erwachsene Pflanze in den Ruhestand. Die Seneszenz beginnt, und die Bildung von Blüten wird eingestellt. Stattdessen überträgt die absterbende Mutterpflanze Nährstoffe auf ihre Nachkommen, die Samen reifen, und der Zyklus beginnt von Neuem. Während ihres gesamten Lebenszyklus hat meine kleine grüne Freundin verschiedene Wachstumsphasen durchlaufen: Zuerst keimte sie, dann entwickelte sie Blätter, gefolgt von Blüten, und schließlich stellte sie die Produktion neuer Organe ganz ein.
Pflanzen passen ihr Wachstumsprogramm je nach bestimmten Umwelt- und internen Signalen wie Tageslänge und Alter der Pflanze an. Damit das möglich ist, müssen sie zunächst einmal ihre Fähigkeit, neue Organe zu entwickeln, aufrechterhalten. Das heißt, sie müssen einige Zellen vorrätig behalten, die sich zu jedem Zelltyp entwickeln können. Oder, um es in wissenschaftlicheren Worten auszudrücken: Pflanzen müssen eine Population von undifferenzierten Stammzellen aufrechterhalten und deren Aktivität regulieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Pflanzen Signale wahrnehmen und verarbeiten, woraufhin sich die Aktivität der Stammzellen ändert. Daraus resultieren dann später die Blätter und Blüten, die wir an der Pflanze sehen.
Die Stammzellen befinden sich im Zentrum einer besonderen Struktur, dem Meristem (Abbildung 2). Form und Größe des Meristems verändern sich während der verschiedenen Entwicklungsstadien (Abbildung 3). Während der Pflanzenpubertät nimmt die Zahl der Stammzellen zu (3a). Wenn die Pflanze in den Ruhestand geht, schrumpft das Meristem wieder (3b). Dies deutet darauf hin, dass die Erhaltung und Aktivität der Stammzellen in den verschiedenen Wachstumsprogrammen unterschiedlich reguliert werden könnte.
Im Rahmen meiner Forschung untersuche ich, wie Arabidopsis die Stammzellaktivität, Zellgrößen und -identitäten in ihrem Meristem über verschiedene Entwicklungsstadien hinweg koordiniert. Dazu verwende ich eine spezielle Art der Mikroskopie (die so genannte konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie) mit fluoreszierenden Reporterlinien (Abbildung 4). Wenn der Kern einer Zelle rosa leuchtet, ist ein Markergen für Stammzellen aktiv (CLAVATA3). Zeigt der Zellkern gelbe Fluoreszenz, wird ein anderes Markergen exprimiert (WUSCHEL). Auf diese Weise kann ich verschiedene Zelltypen in den Meristemen identifizieren und mutierte Pflanzen charakterisieren, bei denen die Regulierung der Stammzellenerhaltung gestört ist. Diese Pflanzen haben entweder mehr, weniger oder falsch angeordnete rosa und gelbe Zellen. Der spezifischen Mutante, auf die ich mich in meiner Forschung konzentriere, fehlt ein kleines Signalpeptid (CLE40), von dem Schlegel et al. (2021) bereits gezeigt haben, dass es an der Aufrechterhaltung der Stammzellen im Arabidopsis-Spross beteiligt ist.
Zu verstehen, wie Pflanzen ihre Wachstumsfähigkeit aufrechterhalten, ist ein entscheidender Aspekt der Pflanzenwissenschaft, da dies mit dem Ertrag pro Pflanze zusammenhängt. Wenn wir mehr über das komplizierte Netzwerk von Regulatoren erfahren, die an der Pflanzenentwicklung beteiligt sind, können wir mit gezielten Ansätzen Pflanzen verändern und ihre Erträge verbessern. Dies kann in Zukunft zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft beitragen.
Planter’s Punch
Unter der Rubrik Planter’s Punch wird jeden Monat ein bestimmter Aspekt des CEPLAS-Forschungsprogramms vorgestellt. Alle Beiträge werden von Mitgliedern der Graduiertenschule und des Postdoc-Programms erstellt.
Über die Autorin
Svenja Augustin ist Doktorandin in der Gruppe von Rüdiger Simon am Institut für Entwicklungsgenetik (HHU). Die Forschung an diesem Institut konzentriert sich auf die Erhaltung von Stammzellen in verschiedenen Pflanzenarten. Seit 2021 arbeitet Svenja in der Gruppe, um die Funktion eines kleinen Signalmoleküls, CLE40, im Sprossapikalmeristem von Arabidopsis thaliana zu untersuchen.
Zum Nachlesen
Schlegel, J. et al. Control of Arabidopsis shoot stem cell homeostasis by two antagonistic CLE peptide signalling pathways. eLife10, e70934 (2021).
Kinoshita, A. et al. Regulation of shoot meristem shape by photoperiodic signaling and phytohormones during floral induction of Arabidopsis. eLife9, e60661 (2020).
Merelo, P., González-Cuadra, I. & Ferrándiz, C. A cellular analysis of meristem activity at the end of flowering points to cytokinin as a major regulator of proliferative arrest in Arabidopsis. Current Biology0, (2021).