Wie Bakterien und Pflanzen Freunde werden

 

So gut wie alle Lebewesen, also auch Du und ich, stehen in einer engen Wechselbeziehung mit den Mikroorganismen aus unserer Umwelt. Die Gesamtheit dieser Mikroorganismen nennt man auch das Mikrobiom, und es ist zum Beispiel ein wichtiger Teil unserer Verdauung (Stichwort: Darmflora). Natürlich haben auch Pflanzen, und das schließt Nutzpflanzen wie Weizen, Soja und Reis mit ein, ein solches Mikrobiom. Wie auch beim Menschen, erfüllen diese Mikroorganismen eine Menge wichtiger Funktionen. So können beispielsweise Bakterien, die die Wurzel der Pflanze kolonisieren, dabei helfen, Mineralien aus dem Boden zu mobilisieren (Planter's Punch Milena Malisic) und somit das Wachstum einer Pflanze verbessern. Das ist natürlich sehr wünschenswert, denn das würde heißen, dass man mit derselben Fläche Ackerland mehr Nahrung produzieren kann. Daher werden schon seit einigen Jahren bestimmte Bakterien zusammen mit dem Saatgut der Nutzpflanze auf dem Acker verstreut, in der Hoffnung, dass dies die Ernte erhöht. Jedoch ist der Prozess, bei dem solche Bakterien die Wurzeln von Pflanzen kolonisieren und dadurch das Wachstum begünstigen, noch nicht sehr gut verstanden. Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung haben sich diese Wechselwirkungen genauer angeschaut. Dabei haben sie interessanterweise festgestellt, dass die Bakterien, die die Wurzeln kolonisieren, eine Präferenz für eine Pflanze haben, die sie sozusagen schon länger kennen - also einen “alten Freund”. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Bakterium, das typischerweise Reiswurzeln bevölkert und dort positive Effekte auf die Pflanze hat, vielleicht gar nicht die Fähigkeit besitzt, eine andere Pflanze, wie zum Beispiel Soja, zu bevölkern. 

 

 

Daraus ergibt sich die Hauptfrage meiner Doktorarbeit: Welche Gene verleihen einem Bakterium die Fähigkeit, sich an eine neue Pflanze anzupassen? Um diese Frage zu beantworten, mache ich mir das Konzept der Evolution zu Nutze. Dabei bringe ich Bakterien mit Pflanzen zusammen, die keine “alten Freunde” sind - sprich Pflanzen, die die Bakterien eigentlich in der Natur nicht unbedingt kolonisieren. Die Vermutung ist, dass diese neue Umgebung, also die neue Pflanze, die Bakterien dazu zwingt, sich anzupassen. Dann muss ich nur noch die ursprünglichen Bakterien mit den neu angepassten vergleichen und untersuchen, welche Gene sich verändert haben. Somit wüssten wir, welche Mechanismen Bakterien nutzen, um sich an eine neue Pflanze anzupassen. Längerfristig könnte man dann dieses Wissen verwenden, um “probiotische Cocktails” für unsere Nutzpflanzen zu erstellen, welche sehr gut an die entsprechende Nutzpflanze angepasst sind und somit die Ernte steigern können.

 

Korrekturlesen (deutsch) und nicht-wissenschaftliche Beratung: Paul Kajdewicz, MPIPZ (RGO)

Korrekturlesen (englisch): Charles Copeland, MPIPZ (PSL)

Grafik: Sydney Balkenhol, Institute for Metabolic Physiology, HHU

Planter's Punch

Unter der Rubrik Planter’s Punch wird jeden Monat ein bestimmter Aspekt des CEPLAS Forschungsprogramms vorgestellt. Alle Beiträge werden von Mitgliedern der Graduiertenschule und des Postdoc Programms erstellt.

 

Über den Autor

Niklas Kiel ist Doktorand in der Arbeitsgruppe von Ruben Garrido-Oter am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung. Die Arbeitsgruppe legt einen starken Fokus auf ökologische und evolutionsbiologische Fragestellungen mit Hilfe neuester Methoden aus der Bioinformatik und DNA-Sequencing Technologien. Der Fokus von Niklas sind die Prozesse, mit deren Hilfe Bakterien sich an neue Pflanzenspezies anpassen, sowie die zugrundeliegenden Gene.

Zum Nachlesen

Wippel, Kathrin, et al. Host preference and invasiveness of commensal bacteria in the Lotus and Arabidopsis root microbiota. Nature microbiology 6.9 (2021): 1150-1162.

Li, Erqin, et al. Rapid evolution of bacterial mutualism in the plant rhizosphereNature Communications 12.1 (2021): 1-13.