Sechs Fragen an Franziska Turck
1. Wie bist du von der Biotechnologie zur Pflanzenforschung gekommen? Was fasziniert dich an Pflanzen?
Am Ende sind sie die Grundlage allen Lebens auf unserem Planeten. Ich habe eine Promotion in einer Krebsklinik abgebrochen, weil ich den Ansatz verlogen fand, sozusagen pseudoangewandte Forschung. Vielleicht war ich zu kurzsichtig, aber ich habe mir damals gedacht, Grundlagenforschung kann ich genauso gut in Pflanzen machen. Die Doktorarbeit machte ich dann über den TOR-S6 Kinase Signalweg in Pflanzen, ein Gemeinschaftsprojekt zwischen einer Pflanzengruppe und einer Säugetiergruppe.
2. Welches Ereignis aus deinem Leben als Forscherin ist dir am meisten in Erinnerung geblieben? Welche Entscheidung war die wichtigste?
Endlich einen genetischen Suppressor/Enhancer Screen in unserer Lieblingsmutante durchzuführen und dann sofort auf isogene Rückkreuzung zu setzen. Da kamen gerade die Massensequenzierungstechnologien auf und bei den isogenen Rückkreuzungen waren wir der Zeit voraus. Außerdem fanden wir wirklich interessanten Gene, an denen wir heute noch arbeiten.
3. Gibt es eine Wissenschaftlerin, die dich besonders fasziniert?
"Sie hat praktisch fast ihr ganzes Leben auf eigene Kosten gearbeitet und mit 62 bekam sie endlich Anerkennung von der Max-Planck-Gesellschaft."
Als ich am MPIPZ anfing, war ich von Suzanna Schwarz-Sommer fasziniert. Sie strahlte Klugheit und Unabhängigkeit aus. Die Max-Planck-Gesellschaft hat mich einmal gefragt, einen Aufsatz über Elisabeth Niemann zu schreiben. Ihre Arbeiten zur Entstehung der Kulturpflanzen legten wichtige Grundlagen. Sie hat praktisch fast ihr ganzes Leben auf eigene Kosten gearbeitet und mit 62 bekam sie endlich Anerkennung von der Max-Planck-Gesellschaft. In den dunklen Tagen der Nazizeit war sie, wie mein Großvater Wilhelm, auf der Nöllenburg Mitglied der bekennenden Kirche. Vielleicht kannten die beiden sich? Im Krieg hat sie zwei jüdische Schwestern versteckt. Sie gehört zu den Aufrichtigen.
4. Wie ist es dazu gekommen, dass du das Biotechnologie-Unternehmen AgroJector mitbegründet hast?
Es war zu Anfang der Genomeditierungsperspektiven und die Grundideen des Hauptgründers Bekir Ülker gingen in die richtige Richtung. Er war gerade von dem akademischen System ausgespuckt worden; ich war mir bezüglich einer langfristigen Perspektive auch nicht so sicher – wäre eine andere Möglichkeit gewesen, sich zu verwirklichen. Die Firma hat nicht überlebt – es gibt nicht wirklich Interesse an grüner Gentechnologie in Deutschland.
5. Welchen Rat würdest du jungen Frauen geben, die eine wissenschaftliche Laufbahn erwägen?
"Anerkennung, Erfolg und Können machen auch resilient, sucht euch etwas!"
Persönlich habe ich das als junge Mutter mit drei Kindern nur geschafft, weil mir wissenschaftliches Arbeiten unglaublich Spaß macht. Ich habe mir immer geschworen, aufzuhören, sobald der Stress die Freude und damit die Kreativität unterdrückt. Diese Einstellung hat mich sehr resilient gemacht. Anerkennung, Erfolg und Können machen auch resilient, sucht euch etwas!
6. Was machst du nach der Arbeit am liebsten?
Manchmal schleiche ich mich am Wochenende ins Labor, um ein richtiges Experiment durchzuführen – gerne mit viel Extraktion und Zentrifugation…