Die Menge macht’s – warum wir an Mineralstoffen forschen

Mineralstoffe sind Stoffe, die sowohl von Pflanzen als auch von Menschen in ausreichenden Mengen aufgenommen werden müssen, um lebenswichtige Funktionen zu erfüllen. Diese essentiellen Elemente werden basierend auf der vom Organismus benötigten Menge in Makro- (z.B. Schwefel und Phosphor) und Mikroelemente (z.B. Eisen und Zink) unterteilt. Sowohl der Mangel, als auch das Überangebot eines oder mehrerer Nährstoffe wirken sich negativ auf das Pflanzenwachstum aus. Das ist wie bei uns Menschen: Wir brauchen unseren Kaffee, aber zu viel ist auch nicht gut.

Pflanzen sind standortgebunden und können daher vor ihren Problemen (wie z.B. Nährstoffmangel im Boden) nicht weglaufen. Sie müssen sich stattdessen an ihre Umgebung anpassen, je nach Standort und eigenen Bedürfnissen ganz individuell. Dazu nutzen sie unterschiedliche, oft sehr komplexe Strategien. Einige Pflanzen erhöhen hierzu die Effektivität ihrer Nährstoffaufnahme, indem sie Zweckbeziehungen mit Bakterien oder anderen Mikroorganismen eingehen. Einen Masterplan gibt es aber nicht. Eine Vielzahl an Fähigkeiten ist notwendig, da sich die Verfügbarkeiten der verschiedenen Nährstoffe im Boden teilweise bedingen und mitunter auch negativ beeinflussen können.

Der globale Klimawandel erschwert die Situation zusätzlich, da Pflanzenwachstum und  Landwirtschaft, sehr anfällig gegenüber Veränderungen der Temperatur, der Niederschlagsmenge und der CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist. Unter erhöhten CO2-Konzentrationen produzieren viele Nutzpflanzen höhere Ernten, die jedoch weniger essentielle Nährstoffe enthalten. Dieses Phänomen wird als „Carbon dilution effect“ bezeichnet. Hintergrund ist, dass die Pflanzen zwar schneller wachsen und mehr Biomasse produzieren, allerdings nicht entsprechend viel mehr Nährstoffe aufnehmen. Um beim Kaffee zu bleiben: Wir brühen unsere morgendlichen 500 ml Kaffee aus 50 g Pulver. Wenn wir aus der gleichen Menge Kaffeepulver nun einen Liter Kaffee brühen, wird dieser dünner und fad, hilft uns beim Aufwachen also kaum noch.

Die Ausmaße dieses Effekts sind immens: In einem Experiment von 2014 haben Forscher*innen gezeigt, dass z.B. Reis bei der für 2050 prognostizierten CO2-Konzentration 7,8 % weniger Proteine enthält.

Der reduzierte Nährstoffgehalt dieser Pflanzen führt bei den Konsumenten zu einem potentiellen Nährstoffmangel. Das Experiment hat aber auch gezeigt, dass dieser Effekt bei einigen Pflanzenarten weniger ausgeprägt ist. Zu dieser Gruppe, den sogenannten C4-Pflanzen, gehört z.B. Mais. Sie unterscheiden sich von anderen Pflanzen durch ihren besonderen Photosynthese-Mechanismus (Weitere Informationen zu C4-Photosynthese finden Sie in einem früheren Planter’s Punch von Sebastian Triesch). C4-Pflanzen sind durch Evolution aus C3-Pflanzen entstanden, außerdem gibt es intermediäre Arten, die sogenannten C3-C4-Pflanzen. Die Photosyntheseleistung und Nährstoffeigenschaften dieser Intermediate liegen zwischen denen der C3- und C4-Arten und stellen somit einen evolutionären „Zwischenschritt“ dar.

Bisher ist nicht vollständig geklärt, wie sich die Aufnahme und Verarbeitung von Mineralstoffen im Zuge der Evolution der C4-Photosynthese verändert hat und ob diese Veränderungen möglicherweise sogar eine Voraussetzung für diese waren. In meiner Arbeit untersuche ich daher die Zusammenhänge der Aufnahme und Verarbeitung der Makroelemente Stickstoff, Schwefel und Phosphor in C4-Pflanzen, die für sie so wichtig sind wie für uns unser morgendlicher Kaffee. Ein besseres Verständnis dieser Abläufe kann uns helfen, die Nährstoffversorgung zu optimieren und so den Ertrag von Nutzpflanzen, wie Reis, gezielt zu erhöhen und gleichzeitig den Einsatz von Düngern zu senken.

Planter's Punch

Unter der Rubrik Planter’s Punch wird jeden Monat ein bestimmter Aspekt des CEPLAS Forschungsprogramms vorgestellt. Alle Beiträge werden von Mitgliedern der Graduiertenschule und des Postdoc Programms erstellt.

 

Über die Autorin

Emely Silz ist eine Doktorandin in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Stanislav Kopriva im Institut für Pflanzenwissenschaften (Universität zu Köln). Ziel der Forschung in der Gruppe ist es, zu verstehen, wie Pflanzen die Aufnahme und Nutzung wichtiger Nährstoffe an ihre Bedürfnisse und Veränderungen in ihrer Umgebung anpassen und welche Rolle Mikroorganismen hierbei spielen.  Emelys Forschung beschäftigt sich hauptsächlich mit Unterschieden in der mineralischen Ernährung von C3- und C4-Pflanzen, sowie den zugrundeliegenden genetischen und molekularen Mechanismen.

Zum Nachlesen

Myers SS, Zanobetti A, Kloog I, et al. Increasing CO2 threatens human nutrition. Nature. 2014;510(7503):139-142. doi:10.1038/nature13179

Jobe TO, Rahimzadeh Karvansara P, Zenzen I, Kopriva S. Ensuring Nutritious Food Under Elevated CO2 Conditions: A Case for Improved C4 Crops.Front Plant Sci. 2020;11(August):1-13. doi:10.3389/fpls.2020.01267