CEPLAS-Veranstaltung zum Fleisch der Zukunft

01/11/2021

Rund 70 interessierte Zuhörer*innen bei Online-Diskussion mit Urs Niggli, Petra Kluger und Matias Zurbriggen.

Die Landwirtschaft befindet sich in einem grundlegenden Umwälzungsprozess. Es ist breiter gesellschaftlicher Konsens, dass sich auch in der Tierhaltung etwas ändern muss. Ist es auch denkbar, auf die Haltung von Nutztieren ganz zu verzichten? Welche Auswirkungen hätte das für die Landwirtschaft, unsere Kulturlandschaften und die genetische Vielfalt? Welche Alternativen für das Fleisch aus dem Stall gibt es?

Diese Fragen wurden in einer Online-Veranstaltung von CEPLAS mit dem Titel „Tierhaltung als Auslaufmodell: Woher soll das Fleisch der Zukunft kommen?“ am 28. Oktober diskutiert, an der rund 70 interessierte Zuhörer*innen teilnahmen. In mehreren Impulsvorträgen und einer anschließenden Diskussion, wurde beleuchtet, ob eine nachhaltige Landwirtschaft ohne Tierhaltung sinnvoll ist und welche Alternativen es für die Fleischproduktion gibt.

Professor Urs Niggli, Präsident des Instituts für Agrarökologie und ehemaliger langjähriger Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL), verdeutlichte zunächst die hohen CO2-Emissionen durch die Tierhaltung. Er sieht in der globalen Proteinversorgung der Bevölkerung eine große Herausforderung der Zukunft und propagierte einen höheren Anteil von pflanzlichen Proteinen in der Ernährung und damit den Anbau von Hülsenfrüchten, wie z.B. Erbsen oder Bohnen. Außerdem setzt er auf eine nachhaltige Nutzung des Graslandes und verwies auf den weltweiten Anteil von Dauergrünland von 68%. Die Bedeutung von Kreisläufen wird seiner Meinung nach steigen. So sollten Lebensmittelabfälle und Nebenprodukte des Getreideanbaus, wie Kleie oder Trester, mehr für die tierische Produktion genutzt werden.

Die Vorteile von Fleisch aus dem Labor verdeutlichte Professorin Petra Kluger, Vizepräsidentin Forschung an der Hochschule Reutlingen und Professorin für „Tissue Engineering and Biofabrication“. So seien weniger Verbrauch an Land, Energie und Wasser, aber auch geringere Emissionen an Klimagasen beim Verbrauch von Laborfleisch vorzuweisen. Nachdem sie den Prozess der Herstellung von Laborfleisch von tierischen Zellen bis hin zu einem „dreidimensionalen Fleischkonstrukt“ erklärt hatte, machte sie auch deutlich, welche Herausforderungen es bei der Überführbarkeit in eine Massenproduktion noch zu bewältigen gäbe. So seien noch Fragen zu Nährmedien oder einer Qualitätssicherung zu klären, aber auch die Akzeptanz bei Verbrauchern hinsichtlich Nährstoffe oder Geschmack und Konsistenz. Prognosen für das Jahr 2040 rechneten mit etwa 35% Laborfleisch auf dem Markt.

Welche Alternativen für die Fleischproduktion die Pflanzenforschung bieten kann, verdeutlichte Professor Mattias Zurbriggen, Leiter des Instituts für Synthetische Biologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Mitglied bei CEPLAS. Dazu beschrieb er zunächst die Synthetische Biologie, die grundlegende ingenieurtechnische Prinzipien anwendet, um komplexe biologische Systeme mit besonderen Eigenschaften aufzubauen. Als bekanntes Beispiel für die Anwendung der Synthetischen Biologie nannte Matias Zurbriggen die erfolgreiche Rückverfolgung des Verlaufs der SARS-Epidemie. Für das Fleisch der Zukunft könnten Pflanzen als Biofabriken eingesetzt werden, die beispielsweise Fettsäuren oder Carotinoide produzieren und somit den Nährwert in Fleischersatzprodukten erhöhen. Auf diesem Wege könnten auch allergenfreie Nahrungsmittel hergestellt werden.

In einer anschließenden einstündigen Diskussion, die von der Journalistin und Moderatorin Lena Bauer professionell geleitet wurde, tauchten unterschiedliche Fragen auf, wie beispielsweise die Energie- und Treibhausgasbilanz von Laborfleisch aussieht, oder ob das Fleisch aus dem Labor auch gesünder als das konventionelle Fleisch sein könnte. Zudem gab es Interesse an der augenblicklichen globalen Diskussion rund um den in diesem Jahr stattgefundenen World Food Summit, wozu Prof. Niggli genauere Auskunft geben konnte.