„Let's talk about meristems“ – die treibenden Kräfte des Pflanzenwachstums

Im Gegensatz zu Tieren, hat sich bei Pflanzen eine Form der Entwicklung durchgesetzt, bei der alle Organe des adulten Organismus, wie Blüten oder Blätter, postembryonal, d.h. nach der Keimung, gebildet werden. Dadurch können Pflanzen, die ihren Standort nicht wechseln können, ihr Wachstum sowie ihre Architektur an die Umwelteinflüsse anpassen, denen sie ausgesetzt sind (z. B. Trockenheit, Hitze, Überschwemmung, Nährstoffmangel). Dies erklärt zudem auch die natürliche Variation in der Anzahl und Form von Organen bei Pflanzen derselben Art.

Doch was ermöglicht diese hochgradig flexible Entwicklung?  Die Antwort auf diese Frage verbirgt sich in den sogenannten Meristemen, welche pflanzliche Stammzellen beinhalten. Die beiden primären Meristeme, das Wurzelapikalmeristem (RAM; für root apical meristem) und das Sprossapikalmeristem (SAM), entstehen an den Spitzen der beiden gegenüberliegenden Pole des jungen Embryos. Das RAM ist für die Bildung des Wurzelsystems verantwortlich, und die oberirdischen Teile der Pflanze werden vom SAM gebildet. Während die Meristeme über die gesamte Lebensspanne einer Pflanze neues Gewebe erzeugen, müssen sie gleichzeitig ihre eigene Stammzellpopulation aufrechterhalten. Gelingt es einem Meristem nicht, dieses Gleichgewicht zu bewahren, kann es entweder seine Fähigkeit verlieren, neue Organe zu bilden, oder aber zu viele von ihnen erzeugen.         

Durch das Studium der Meristeme können wir lernen, wie wir das Wachstum einer Pflanze für unsere Bedürfnisse optimieren können. Typischerweise werden komplexe biologische Prozesse, wie die Erhaltung von Stammzellen, an "Modellorganismen" untersucht. Vorteilhafte Eigenschaften wie eine kurze Generationszeit, eine geringe Größe und eine einfache Kultivierung machen Arabidopsis thaliana zu einem weit verbreiteten Modell in der Pflanzenbiologie. Die aus Arabidopsis gewonnenen Erkenntnisse können anschließend auf landwirtschaftlich relevante Pflanzen übertragen werden, um nützliche Eigenschaften, sowie die Saatgutproduktion, zu verbessern. Mehr Infos zu Gräsern, wie Gerste und Mais, und wie die genauere Erforschung ihrer Entwicklung dazu beitragen kann, den Ertrag zu steigern, kann im Planter’s Punch von Edgar Demesa-Arevalo nachgelesen werden.   

In unserem Institut versuchen wir die Mechanismen aufzudecken, die für das Gleichgewicht von Differenzierung und Stammzellenerhaltung im SAM verantwortlich sind. Diese Mechanismen umfassen das koordinierte Zusammenspiel mehrerer Signalwege, die jeweils aus vielen verschiedenen Proteinklassen wie Peptiden, Rezeptoren und Transkriptionsfaktoren bestehen. Moderne bildgebende Verfahren ermöglichen es uns, ihre (sub-)zelluläre Lokalisierung genau zu visualisieren und können zusätzliche Eigenschaften, wie ihre Mobilität oder Interaktion mit anderen Proteinen aufdecken. 

Darüber hinaus können wir mit fortschrittlichen molekularbiologischen Methoden, die Menge eines Proteins in ausgewählten Zellschichten verändern. In Kombination mit den oben genannten bildgebenden Verfahren lässt sich so beobachten, wie sich das Fehlen oder Vorhandensein eines einzelnen Proteins auf ein bestimmtes Entwicklungsstadium auswirkt.             

Das Sprossapikalmeristem von Arabidopsis thaliana (Struktur in der Mitte) umgeben von jungen Blütenknospen. Das Video zeigt eine Serie von aufeinander folgenden Bildern, die mit einem Mikroskop aufgenommen wurden. Auf der rechten Seite sehen wir eine Projektion, welche die Information von all diesen Bildern kombiniert. Die Sprossspitze wurde zuvor mit einem Färbemittel für Zellwände behandelt.  Die Länge des Maßstabsbalkens beträgt 0.05 mm.   

 

Eine wichtige Klasse von Proteinen, die an den erwähnten Signalwegen beteiligt sind, sind Rezeptor-ähnliche Kinasen (RLKs, für receptor-like kinases). Diese Rezeptoren befinden sich an der Plasmamembran und können Signale wahrnehmen, die von nahgelegenen Zellen ausgehen. In meinem Promotionsprojekt untersuche ich, welche nachgeschalteten Prozesse durch das Binden eines Signalpeptids an eine bestimmte RLK aktiviert werden und wie sich dies letztlich auf die Morphologie des SAMs auswirkt.  

Planter's Punch

Unter der Rubrik Planter’s Punch wird jeden Monat ein bestimmter Aspekt des CEPLAS Forschungsprogramms vorgestellt. Alle Beiträge werden von Mitgliedern der Graduiertenschule und des Postdoc Programms erstellt.

 

Über den Autor

Meik Thiele ist Doktorand in der Gruppe von Rüdiger Simon am Institut für Entwicklungsgenetik (HHU Düsseldorf). Meiks Forschung konzentriert sich auf das Sprossapikalmeristem der Modellpflanze Arabidopsis thaliana und wie ein spezifischer Rezeptor an der Regulierung dieses Meristems beteiligt ist. Bevor er zur CEPLAS Graduate School kam, studierte er „Quantitative Biologie“ als Kooperationsstudiengang der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Universität zu Köln.