Fünf Fragen an Juliette de Meaux

 

Frage 1

Was fasziniert Sie am meisten an den Naturwissenschaften?

In der Lage zu sein, Phänomene zu beobachten, die noch nie jemand zuvor beobachtet hat. Ein unglaubliches Privileg, das mein Labor als Gruppe teilt.

Frage 2

Welche ist Ihre Lieblingspflanze und warum?

Ich habe keine Lieblingspflanze. Ich habe viel mit Arabidopsis thaliana, der Acker-Schmalwand, gearbeitet, weil die verfügbaren genetischen Ressourcen ein schnelleres Voranschreiten als bei anderen Pflanzenarten ermöglichen. Aber ihre nahen Verwandten sind in Wachstumsform und Ökologie erstaunlich verschieden und ebenso faszinierend. So hoffen wir zum Beispiel bald klären zu können, warum Arabidopsis lyrata, die Felsen-Schaumkresse, so viel dürreresistenter geworden ist als ihre nahen Verwandten. Dies wird uns nachhaltige Strategien zur Maximierung der Toleranz gegenüber dem Welken aufzeigen.

Vor fünf Jahren begannen wir auch mit der Erforschung der Populationsgeschichte und der genetischen Vielfalt von Arabis nemorensis, einer Auenart der Brunnenkresse, die an Flussufern endemisch ist. Wir fingen bei Null an, wir wussten überhaupt nichts. Und jetzt wissen wir, dass es sich um ein Pflanzen-System handelt, das unschätzbare Erkenntnisse zu so unterschiedlichen Themen wie der Physiologie der Toleranz gegenüber Überflutung, der Widerstandsfähigkeit gefährdeter Arten und der ökologischen Bedeutung des genetischen Austauschs zwischen den Arten liefern wird.  Wenn überhaupt, dann beweist dies, dass die Zeit reif ist, aus der engen Reihe von Modellsystemen auszubrechen und sich mit den molekularen und genetischen Grundlagen der erstaunlichen Vielfalt zu befassen, die Pflanzenarten in kurzer Zeit entwickeln können.

Extra-Frage

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf Ihr berufliches und privates Leben aus?

Meine Gruppe hat eine unglaubliche Motivation und Einsatzbereitschaft gezeigt. Innerhalb weniger Tage wurde die Arbeit nach Hause verlegt, und wir nutzten die Plattformen Slack für einen reibungslosen Austausch und Zoom für Gruppentreffen. Wir konnten sicherlich auf den Erfahrungen aufbauen, die wir im letzten Jahr gemacht hatten, als ich ein Sabbatjahr in Boston verbracht habe. Aber diese Situation ist ermüdend. Wir vermissen uns gegenseitig und den gemeinsamen Alltag einer Gruppe. Wir vermissen auch den weitläufigeren Kontakt mit unserer Community. Das ist besonders wichtig für unsere Nachwuchswissenschaftler*innen, sie brauchen eine Perspektive nach der Promotion, und es gibt nicht viele Möglichkeiten, diese heute zu finden.

Ich persönlich hatte auch mit einem schwierigen Balanceakt zwischen Arbeit und den Bedürfnissen meiner Kinder zu kämpfen. Ohne Schule, ohne Mensa und ohne außerschulische Aktivitäten waren die Eltern die einzigen Erwachsenen, die ihre Teenager-Kinder wochenlang zu Gesicht bekamen. Die letzten Monate waren also anstrengend. Wir alle können es kaum erwarten, zur Normalität zurückzukehren!

Frage 3

Welchen Rat würden Sie jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geben?

Auf diese Frage würde ich keine einzelne Antwort geben. Jede Karriere ist anders, die Beratung sollte auf die persönlichen Talente, Stärken und Wünsche unserer Sudierenden und Doktorand*innen zugeschnitten sein.

Frage 4

Wenn Sie die Wahl hätten, welche wissenschaftliche Frage würden Sie gerne beantworten können?

Ich bin etwas überrascht, dass Sie diese Frage stellen. Habe wir nicht das Glück als Wissenschaftler, die Frage auszuwählen, die wir angehen wollen? Seit meinem Master 1998 war ich unglaublich neugierig auf die Bedeutung und Rolle der genetischen Variation in natürlichen und sich verändernden Umgebungen. Ich habe mich zunächst mit der Evolution der pflanzlichen Abwehr gegen Krankheitserreger und Pflanzenfresser befasst und dann die molekularen Determinanten untersucht, die die Evolution und Koevolution lebensgeschichtlicher Merkmale beeinflussen (Wachstumsrate, Dormanz und deren Kovariation mit der Blütezeit). In letzter Zeit bin ich zunehmend daran interessiert zu verstehen, wie Pflanzen ihre Strategien zur Bewältigung von Dürre diversifizieren. Wie entwickeln sie eine nachhaltige Strategie zur Bewältigung von Dürre-Stress, da Regenfälle so unvorhersehbar sind? Besonders fasziniert mich die Idee, dass sich abhängig vom ökologischen Hintergrund entscheidet, welche Gene zur Dürretoleranz der Arten beitragen können.

Frage 5

Was machen Sie nach der Arbeit am liebsten?

Am Ende des Tages eile ich nach Hause, um zu hören, was meine Kinder mir von ihrem Tag erzählen. Das hilft mir, gesund zu bleiben, und ihnen auch! 

 

 

Das Interview wurde in englischer Sprache geführt und für die deutsche Version übersetzt.

 

Steckbrief

Name:

Juliette de Meaux

Position: 

Gruppenleiterin, Institut für Pflanzenwissenschaften, Universität zu Köln

Bei CEPLAS seit:

2014

Geburtsort:

Paris, Frankreich